Tragischer Stromtod

Kürzlich erhielt die LBV-Kreisgruppe Kronach die traurige Nachricht, dass im Leitschtal bei Steinwiesen ein Schwarzstorch tot aufgefunden wurde. Eine Frau hatte ihn über dem Tal fliegen sehen, kurz darauf hörte sie ein Pfeifen und Zischen und sah den Schwarzstorch zu Boden fallen. Offenbar war er mit der Stromleitung kollidiert und überlebte den Kontakt mit den Leitungen nicht.


Einem zufällig vorbeikommenden Autofahrer fielen die Ringe an den Beinen des Vogels auf, daher brachte er ihn zur Forstdienststelle Steinwiesen. Försterin Jule Ganz meldete den Fund der Vogelschutzwarte am Landesamt für Umwelt und auch Cordula Kelle-Dingel vom LBV Kronach wurde benachrichtigt.


Die Ringnummer PRAHA BX 16580 auf dem und 61JJ auf dem anderen Ring gaben erste Hinweise, dass der Vogel in Tschechien beringt worden war.

 

Der weiße Ring mit der 61JJ ist ein so genannter Farb-Kennring. In einem internationalen Farbringprojekt werden seit 1994 Schwarzstörche mit diesen Ringen markiert, die große Schrift und die kurze Kombination aus Zahlen und Buchstaben sind mit guter Fotoausrüstung oder Spektiv gut lesbar. 19 europäische und 2 asiatische Länder sind an dem Projekt beteiligt, die Farben der Ringe und die Anfangsbuchstaben sind je nach Land unterschiedlich. Deutschland nimmt seit 2005 an dem Projekt teil und hat als ersten Buchstaben immer ein T. Hinzu kommt am anderen Bein ein sogenannter ELSA-Ring der jeweils zuständigen Vogelwarte, in Bayern ein schwarzer Ring der Vogelwarte Radolfzell. Für Deutschland koordiniert Schwarzstorchexperte Carsten Rohde aus Mecklenburg-Vorpommern ehrenamtlich das Projekt, er beringt auch selber die jungen Störche auf dem Nest. Meldungen über beringte Störche landen bei ihm und so leitete er die Fundmeldung des Storches aus dem Leitschtal an den tschechischen Koordinator Frantisek Pojer weiter.


Von dort kam nun ein spannender Bericht über den verunglückten Vogel: Er wurde am 10.06.2006 rund 136km Luftlinie von Steinwiesen entfernt als Jungvogel beringt und damit ist klar: er wurde 16 Jahre alt! Im Laufe dieser 16 Jahre gab es immer wieder Meldungen von Ornithologen die den Schwarzstorch beobachten konnten, in Fachkreisen war 61JJ sehr bekannt und er wurde regelmäßig in seinem Winterquartier in der spanischen Region Extremadura beobachtet. Zahlreiche dem Report angehängte Fotos belegen das. Die Extremadura ist von vielen Zugvogelarten gerne zur Überwinterung genutzte Region westlich von Madrid, viele Ornithologen reisen im Winter dorthin, um seltene Vogelarten zu beobachten. Dabei geriet regelmäßig auch 61JJ vor die Kamera. Carsten Rohde konnte 61JJ in den Jahren 2014, 2015 und 2016 als Brutvogel an einem Nest im Raum Wallenfels bestätigen. Ob er in den anderen Jahren auch im Frankenwald gebrütet hat ist nicht belegt, aber sehr wahrscheinlich.


Solche Beobachtungen und Erkenntnisse sind Ziel der Beringung: Aussagen zum Zugverhalten, zur Wahl von Überwinterungsplätzen, zu möglichen Todesursachen und zu Wanderbewegungen der noch nicht geschlechtsreifen Jungvögel sind wichtig für den Schutz der Art. Spannend ist vor allem die Frage: wo siedeln sich die Störche an, wenn sie die geschlechtsreif sind und das erste Mal brüten? Kehren sie in die Umgebung ihres Geburtsortes zurück oder brüten sie in einer anderen Region?


Von 2009 bis 2013 wurden auch im Frankenwald 54 junge Schwarzstörche beringt. Dazu braucht es eine Sondergenehmigung der Regierung von Oberfranken, der Beringer muss die erforderliche Ausbildung haben und klettern können: die jungen Störche werden auf dem Nest beringt. Um dabei keine Störung der geschützten Vögel zu verursachen, nutzt man die Zeit in der die Altvögel auf Nahrungssuche gehen, nach rund 30 Minuten ist alles erledigt.


Im Laufe der Zeit gab es interessante Rückmeldungen über die Frankenwaldstörche: T179 wurde nach 4 Jahren in 18 km Entfernung vom Geburtsort beobachtet, T535 einige Wochen nach der Beringung in Frankreich, TX5 hielt sich mit 2 Jahren im Winter im Senegal auf. T173 wurde mit einem Jahr tot unter einem Mittelspannungsmast bei Cham gefunden.


Das Highlight war T7F: beringt 2009, wurde er von Carsten Rohde 2014 nur 2km vom Geburtstort entfernt als Brutvogel an einem anderen Nest beobachtet!! 2017 wurde der Vogel von Cordula Kelle-Dingel abermals in dem gleichen Revier fotografiert.


Einem Naturfotografen aus dem Landkreis gelang 2020 die Aufnahme eines beringten Schwarzstorches in einer Wiese, die Info von Rohde dazu folgte prompt: der Vogel war dort in der Nähe 7 Jahre zuvor beringt worden!


Mehr Infos über Schwarzstörche auch im Frankenwald und spannende Wiederfundmeldungen von Schwarzstörchen findet man auf der Seite von Carsten Rohde.

 

Meldungen über beringte Störche im Frankenwald nimmt die LBV-Kreisgruppe Kronach unter kronach@lbv.de.


Der verunglückte Schwarzstorch wurde eingefroren, um evtl. präpariert zu werden. Dann könnten sich weiter Menschen an seinem Anblick erfreuen und sein Tod wäre nicht ganz so sinnlos.